Die Analysen der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass das Modell des männlichen Familienernährers in den letzten 15 Jahren deutlich an Boden verloren hat. Im Gegenzug ist die Bedeutung der Erwerbstätigkeit und auch des Einkommens von Frauen gestiegen. Das gilt vor allem für die alten Bundesländer. In Ostdeutschland ist - aufgrund ihrer stärkeren Berufstätigkeit - der höhere Beitrag von Frauen zum Familieneinkommen schon längere Zeit Realität. Zwar ist in Deutschland noch immer in 48 Prozent der Haushalte, in denen Frauen leben, der Mann der Familienernährer. Doch in fast einem Fünftel aller Erwerbshaushalte, in denen Frauen mit Kindern leben - ob mit oder ohne Partner, erwirtschaften Frauen das Haupteinkommen. Nimmt man noch jene Haushalte hinzu, in denen Frauen in etwa gleichem Maße zum gemeinsamen Haushaltseinkommen beitragen, dann leisten in 41 Prozent der Haushalte, Frauen einen substanziellen Beitrag zum Familieneinkommen oder erwirtschaften es allein. „Das heißt, jede zweite Frau lebt heute bereits nicht mehr vom Einkommen ihres (Ehe)Partners und ist keine „Zuverdienerin“, betont Projektleiterin Christina Klenner vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Böckler-Stiftung.
Allerdings sei das Modell der weiblichen Familienernährerin in den meisten Fällen nicht das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, so Klenner mit Verweis auf eine Umfrage von Sinus Sociovision. Demnach wünscht sich etwa die Hälfte aller Befragten, im männlichen Ernährermodell zu leben. Ein Drittel strebt eine egalitäre Partnerschaft an, während die Konstellation der weiblichen Familienernährerin nur von zwei Prozent begrüßt wird. Dass Frauen die Hauptverantwortung für den Einkommenserwerb übernehmen, liegt in erster Linie daran, dass sie allein erziehend sind oder der Partner ein zu geringes Einkommen hat oder arbeitslos ist. Christina Klenner vermutet, dass die steigende Arbeitslosigkeit bei Männern in der Industrie in Folge der Wirtschaftskrise den Trend zur Familienernährerin noch verstärken wird. Im Unterschied zu Haushalten mit männlichem Familienernährer sind Haushalte, in denen Frauen das Haupteinkommens erwirtschaften, überdurchschnittlich häufig im unteren Bereich der Einkommensskala zu finden. Für die Politik werfe das neue Fragen auf, wenn Frauen als Familienernährerinnen ihre oft benachteiligte Position am Arbeitsmarkt direkt an ihre (Ehe)Partner und Kinder weitergeben, so Klenner. Im noch laufenden qualitativen Teil des Forschungsprojekts soll untersucht werden, ob sich mit dem Status als Familienernährerin auch andere Geschlechterarrangements entwickeln. Weitere Informationen:
Klenner, Christina (2009): Die Frau als Familienernährerin, in: DGB Infobrief „Frau geht vor“, Dezember 2009.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen