Mittwoch, 18. August 2010

Wie im echten Leben Die meisten Blogs im Netz stammen von Frauen. Doch wenn sie gehört werden wollen, gelten sie als karrieregeil. Artikel aus der TAZ vom 17.08

VON KATRIN STROHMAIER

Das feministische Blog "Mädchenmannschaft" befasst sich u.a. mit der Frage, warum Frauen im Netz scheinbar weniger präsent sind als Männer. Foto: screenshot

Im Netz hätte alles anders werden können: Mehr Gleichbehandlung, eine Loslösung von alten Geschlechterrollen. Doch das Internet ist ein von Männern dominiertes Medium, wie eine aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen nahelegt: In Deutschland sind 79 Prozent der Männer und nur 65 Prozent der Frauen online. In den "deutschen Blogcharts" befinden sich die wenigen Bloggerinnen, die eine eigene Seite betreiben, auf den hinteren Rängen.

In den Charts landen die Blogs vorn, die am häufigsten verlinkt werden. Das Internet scheint eine aus feministischer Sicht ohnehin schon enttäuschende, männlich dominierte Realität abzubilden. Ende des vergangenen Jahres heizte die deutsche Soziologin und Bloggerin Anne Roth die Debatte um das Geschlechterverhältnis in der Blogosphäre an: Sie stellte fest, dass mit "Mondgras" das erste Blog, das von einer Frau betrieben wird, auf Platz 35 der eben erwähnten Charts auftauchte, zurzeit ist es Platz 46.
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Vor allem aber lässt sich Betreiberin Sarah Kroschel auf ihrer Seite vorwiegend über ihre Kaninchen oder über Freud und Leid bestimmter Maßnahmen zur Gewichtsregulierung aus. Ein Beispiel dafür, was FeministInnen und SozialwissenschaftlerInnen weiblichen Bloggern attestieren: Frauen schreiben demnach seltener als männliche Nutzer für breite Öffentlichkeiten "relevante" Themen wie Politik, Wirtschaft, Technik oder Medien.

Eine Studie der Ruhruniversität Bochum zeigt, dass 75,9 Prozent der Blogs, die Frauen schreiben, reine Tagebuchblogs sind. Bei den Männern sind es dagegen nur 37,1 Prozent. Zu diesem Schluss kommt auch der empirische Kulturwissenschaftler Klaus Schönberger in seiner Untersuchung "Doing Gender, kulturelles Kapital und Praktiken des Bloggens": "Frauen fühlen sich seltener ermächtigt, öffentlich zu sprechen", sagt er. "Das ist das Ergebnis jahrelanger kultureller Prägung." Er nennt das den "langen Arm des Real Life": Tatsachen von außerhalb des Netzes reproduzieren sich auch dort.

Weiterlesen unter
http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/wie-im-echten-leben/

1 Kommentar:

  1. Wenn die meisten Blogs von Frauen betrieben werden, sie aber trotzdem nicht oft verlinkt werden, dann müsste man ja wohl zunächst die verlinkungspraxis der Frauen hinterfragen, denn es wäre ihnen ein leichtes durch Verlinkung untereinander und Besuch der Seiten die weiblichen Blogs nach oben zu bringen.

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